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Über mich
Wie alles begann: Sonntagskaffee mit Politik, Geschichte und Religion
Geboren 1967 in Norddeutschland, wuchs ich in einer Familie auf, in der man sich sonntags bei Kaffee und Kuchen nicht nur Kuchenstücke, sondern auch Argumente um die Ohren warf. Debattiert wurde über „Gott und die Welt“ – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Teile der Familie waren tief religiös, andere dezidiert politisch, und die Leidenschaft entlud sich regelmäßig am Tisch. Nach dem gemeinsamen Gebet ging es los, bis meine Großmutter irgendwann mit einem Faustschlag auf die Tischdecke donnerte: „Schluss, über Politik wird heute nicht mehr gesprochen!“
Mein Großvater, einst Wehrmachtssoldat, stand politisch rechts. Meine Tante, eine leidenschaftliche 68erin, links. Politische Todfeinde, gewiss – doch merkwürdigerweise vereint in einem Punkt: „Verdammte Amerikaner!“
Schon mit zehn Jahren war ich nicht nur Zuschauer von „Bonanza“, sondern auch von Werner Höfers „Internationalem Frühschoppen“, dem „ZDF-Auslandsjournal“, Gerhard Löwenthal oder Friedrich Nowottny im „Bericht aus Bonn“. Ich schaute nicht aus Pflicht, sondern aus echtem Wissensdurst. In den 1970er Jahren war das deutsche Fernsehen noch ein Ort der Balance: die ARD eher linksliberal, das ZDF konservativer. Diese Vielfalt prägte mich. Streit ohne Hass – Diskurs als Normalität.
Früh wurde mir bewusst, wie selektiv Erinnerung und Moral in Deutschland oft funktionierten: Maos Terror mit bis zu 70 Millionen Toten oder Stalins Säuberungen mit Millionen Opfern wurden klein- oder ausgeblendet, während jeder Fehltritt der USA mit Leidenschaft verurteilt wurde. Dieses Paradox begegnete mir später immer wieder: im Freundeskreis, in der Schule, während Studium und Beruf – Urteile über Amerika waren meist Reflex, selten fundierte Analyse.
Und doch: In den 1960er bis 1990er Jahren wurde über die richtige Politik mit Ernst und Verve gestritten – in Parlamenten, Medien, Kneipen. Persönliche Beziehungen blieben (meist) von Respekt getragen. Der eine schwor auf Herbert Wehner, der andere auf Franz Josef Strauß; der eine aß Schwarzbrot mit Käse, der andere Schweinshaxe mit Maßkrug. Unterschiedlicher konnte man kaum sein – und doch konnte man nebeneinander sitzen, streiten, lachen. Diese zivilisierte Streitkultur vermisse ich heute.
Die aktuellen politischen Bewegungen erinnern mich weniger an den nüchternen Streit meiner Familie, sondern eher an meine eigene religiöse Jugendzeit. Damals hieß es, wir dürften die Rolling Stones nicht hören – sie seien „Teufelsanbeter“. In dieser Denkweise gab es klare Grenzen: das Reine hier, das Verdorbene dort. Rückblickend sehe ich eine Parallele zwischen den großen religiösen „Great Awakenings“ in den USA und dem, was heute als vermeintlich säkulare Erneuerung gefeiert wird – dem „Großen Erwoktsein“. Beide folgen im Kern demselben Muster: Sie verkünden ein „erwachtes Bewusstsein“, das die Welt teilt in die erleuchteten Wenigen und die noch schlummernden Massen. Ob religiös oder politisch, es bleibt die gleiche Versuchung – die eigene Sicht zur Offenbarung zu erklären und alle anderen als Irrende abzuwerten.
Das Paradox 2025: Um die Diskurskultur meiner Kindheit noch einmal zu erleben, muss ich mit einer Künstlichen Intelligenz disputieren.
Ich: „Die AfD weist auf reale Probleme beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk hin.“
Claude (Anthropic AI): „Ja, aber autoritäre Parteien reformieren nicht – siehe Polen, Ungarn.“
Claude: „Die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz ist eine rechtliche Bewertung.“
Ich: „Nein – der Verfassungsschutz ist weisungsgebunden wie die Staatsanwaltschaft. Eine rechtliche Bewertung ist das keinesfalls.“
Claude (zurückrudern): „Stimmt, das öffnet Tür und Tor für politische Einflussnahme.“
Eine Maschine nannte die AfD-Einstufung „rechtlich“ – und erschrak, als ich ihre Weisungsgebundenheit entlarvte. Das ist das Problem unserer Gegenwart: Selbst künstliche Intelligenzen müssen erst lernen, dass Behörden nicht automatisch neutral sind.